Und John F. Kennedy, ehemaliger US-Präsident, behielt doch noch Recht. Heute ist die Meerwasserentsalzung zu einem gängigen Verfahren geworden, um Trinkwasser herzustellen. Weil der Bedarf an Wasser steigt und die Welt zunehmend unter natürlicher Wasserknappheit leidet, boomt die Entsalzung. Armaturenhersteller leisten mit anspruchsvollen Komponenten einen wertvollen Beitrag zum Lindern der Not.
Kein langes Duschen und weniger hübscher Rasen im Vorgarten – das hört sich nicht nach dem kalifornischen Traum an, wurde aber zeitweise zur bitteren Realität für die Menschen in dem bevölkerungsreichsten Bundesstaat der USA. Die Politik hatte den Kaliforniern aufgetragen, den Wasserverbrauch zu drosseln. Denn vier Jahre Dürre hatten zu einer Wasserknappheit geführt, weshalb bis 2016 der Verbrauch um ein Viertel gegenüber 2013 zu verringern war.
Dürre-Notstand
Regenfälle im Jahr 2016 bedeuteten für Kalifornien zwar das Ende der mehrjährigen Durststrecke. Ein „Weiter so“ wie in Zeiten vor dem Dürre-Notstand soll es aber dennoch nicht geben. Der kalifornische Gouverneur Jerry Brown warnte vor weiteren Dürren. Will heißen: Weil die Trockenheit grundsätzlich zunimmt, bleibt die zukünftige Trinkwasserversorgung in den südlichen Küstenstaaten der USA latent gefährdet.
Es besteht also Handlungsbedarf: „Im Zuge steigender Bevölkerungszahlen bei sinkenden Frischwasserressourcen wächst in der Region der Bedarf an neuen Technologien“, erklärt Germany Trade & Invest (GTAI), die als Außenwirtschaftsagentur der Bundesrepublik Deutschland auftritt. Entsalzungsanlagen für die Trinkwassergewinnung würden vor allem in Florida, Kalifornien und Texas daher als wichtiger Bestandteil zur Lösung des Problems betrachtet. Eine gefragte Option, ganz klar.
Entsalzung in Kalifornien
Kalifornien ergriff die Initiative und investierte eine Milliarde US-Dollar in die riesige Entsalzungsanlage Carlsbad Desalination Project (CDP) in San Diego. Sie besitzt eine Produktionskapazität von bis zu 200 Millionen Liter Trinkwasser pro Tag, was rund sieben Prozent des täglichen Trinkwasserbedarfs im Großraum San Diego entspricht. In der Nähe von San Francisco entsteht eine weitere Anlage – um nur eines von vielen weiteren Beispielen zu nennen –, die ab 2020 täglich 75.000 Kubikmeter Trinkwasser liefern soll. Verbaut werden in den Anlagen – und auch in den Kraftwerken, die für die Energieerzeugung notwendig sind – zahlreiche Armaturen, die widrigsten Medien trotzen müssen.
Das Potenzial für Unternehmen der Armaturen- und Ventilbranche ist enorm. So rechnet die ASCE (American Society of Civil Engineers) in den nächsten beiden Jahrzehnten in den USA mit massiven Investitionen in den Wasserinfrastrukturbereich, in den rund eine Billion US-Dollar fließen sollen. Einer von mehreren Schwerpunkten ist die Meerwasserentsalzung mit dem dazugehörigen Wassertransport. Handeln ist gefragt, schätzen Experten doch, dass der Bedarf an Wasser 2030 um etwa 15 Prozent höher sein wird als 2015.
Golfstaaten lechzen nach Wasser
Dabei gilt Kalifornien zwar als der dynamischste Markt für Entsalzungsanlagen in den USA. Er ist aber weltweit gesehen nur einer von vielen für die Armaturen- und Ventilhersteller. Neue Anlagen boomen insbesondere im Nahen Osten. Dem trug bereits vor mehreren Jahren auch die Armaturenfabrik Franz Schneider Rechnung und gründete die Gesellschaft AS-Schneider Middle East FZE in Dubai.
Die Staaten des Gulf Cooperation Council, einem Staatenbündnis der Golfstaaten, stehen unter Handlungsdruck. Bis 2020 sollen sie rund 140 Milliarden US-Dollar investieren, um die wachsende Nachfrage nach Strom und entsalztem Meerwasser zu erfüllen. Vor allem Industriearmaturen, die überwiegend aus Sondermaterial bestehen, werden in den Anlagen verbaut. AS-Schneider kann als Armaturenhersteller einen Großteil der Prozessabläufe bedienen.
Auch Singapur setzt auf Meerwasserentsalzungsanlagen. Noch bis in die 1990er Jahren hinein importierte das Land sein Wasser vollständig aus anderen Ländern, ein Großteil über Pipelines aus dem benachbarten Malaysia. Bis zum Auslaufen der bilateralen Verträge im Jahr 2061 plant Singapur, seine Abhängigkeit deutlich zu verringern.
55 Olympia-Schwimmbecken
„Singapur hat vor einigen Jahren begonnen, die Trinkwasserversorgung in die eigenen Hände zu nehmen“, berichtet das Unternehmen Gemü. Die erste große Meerwasserentsalzungsanlage „Tuas Desalination“, von Hyflux Ltd. geplant und gebaut, arbeite nach dem Verfahren der Umkehrosmose und produziere pro Tag über 136.000 Kubikmeter. „Diese Menge reicht aus, um ca. 55 olympische Schwimmbecken zu füllen“, erklärt der Armaturenhersteller.
Mehr als 760 Ventile in den Nennweiten von DN 15 bis 1.400 hat Gemü für dieses Projekt geliefert. Um dem Kunden eine Paketlösung zu bieten, wurden über Partnerfirmen auch Ventile zugekauft. „So konnte dem Kunden alles aus einer Hand geliefert werden“, betont das Unternehmen.
Im Meerwassereinlauf, in der Filtration/Flotation und in der Versorgung – Tanks und Pumpstationen – werden vornehmlich Klappen mit den unterschiedlichsten Scheibenwerkstoffen 1.4408, Bronze oder ECTFE beschichtet eingesetzt. Die Nennweiten liegen zwischen DN 65 und 1.400, der Betriebsdruck beträgt je nach Prozessbereich 2,5 bis 18 bar. „Als Antriebe kommen Pneumatik- und elektromotorische Lösungen sowie Handantriebe mit Handhebeln und Getrieben zum Einsatz“, so Gemü weiter.
Ventile aus Sondermaterialien
In der Wasservor- und -nachbehandlung werden zur Dosierung von unter anderem FeCl3, H2SO4, HCl und NaOH hochchemikalienbeständige Membranventile aus PVC oder PVDF verwendet. Die Nennweiten liegen zwischen DN 15 und 40, der Betriebsdruck beträgt ca. 3 bis 5 bar. Zusätzlich wurden Schwebekörperdurchflussmesser der Nennweiten DN 20 bis 40 eingebaut. Gemü: „Die Chemikaliendosierung ist komplett automatisiert, die Ventile in der Regel pneumatisch angesteuert.“
Die Hochdruck- und Rückschlagventile an den Pumpstationen vor den Osmosemodulen sind aus Sondermaterialien wie zum Beispiel Super Duplex A890 gefertigt. Sie sind pneumatisch angesteuert und mit intelligenten Stellungsreglern ausgerüstet, erläutert Gemü. In der Anlaufphase einer Pumpe beträgt der Differenzdruck bis zu 59 bar. Der Betriebsdruck liegt üblicherweise zwischen 5 und 84 bar, die Ventile sind durchgängig in DN 300 ausgeführt.
Langlebige Absperrklappen
Die Meerwasserentsalzungsanlage in Singapur ist Teil eines Großprojektes, in das zwei Milliarden US-Dollar investiert werden. So betreibt TPU, ein Tochterunternehmen von Tuas Power, den Tembusu Multi-Utilities Complex (TMUC) auf der Insel Jurong. TMUC liefert Strom und Dampf an Industriekunden. Dieser integrierte Ansatz soll die Effizienz steigern und den Ressourcenverbrauch senken. Nach der Fertigstellung des Ausbaus im Jahr 2017 soll TMUC 160 MW Strom, 900 Tonnen Dampf pro Stunde und ca. 20 Millionen Gallonen Wasser am Tag produzieren.
Gemü und die anderen Produzenten der Armaturenbranche wissen um die Chance, aber auch um die Herausforderungen bei der Meerwasserentsalzung. Der Entsalzungsmarkt erwartet für die zunehmende Komplexität der Prozesse zuverlässige und langlebige Absperrklappen, berichtet Wouter Witzel. So legt der Armaturenhersteller Wert auf ein robustes und wartungsfreies Design der vulkanisierten Dichtung sowie auf eine Vielzahl an Materialkombinationen bei seinen Absperrklappen.
Rückfluss verhindern
Wouter Witsel entwickelte ferner eine Rückschlagkappe, Type Eurocheck. Sie wird in Rohrleitungssystemen, auch in der Meerwasserentsalzung, eingesetzt, „um einen unerwünschten Rückfluss zu verhindern“, erläutert das Unternehmen. Dabei handelt es sich um eine selbsttätige Rückschlagkappe mit sich drehenden Doppelscheiben. „Die Ausführung ist kompakt, deshalb platzsparend und sehr leicht.“ Ergänzt wird das Klappenensemble durch verschiedene Antriebe.
Wouter Witsel erhielt bereits einen Großauftrag für eine Wasserentsalzungsanlage in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das Unternehmen lieferte mehr als 400 vollgummierte Absperrklappen, inklusive manueller, pneumatischer sowie elektrischer Antriebe.
Milliarden-Investition in Australien
Unter Wasserknappheit leidet auch Australien. Verschärft wird die Situation durch ein massives Bevölkerungswachstum, die industrielle Entwicklung, eine zunehmende Verschmutzung vorhandener Ressourcen und den Klimawandel. Das Land investiert daher Milliarden in die Entsalzung. Zu einem der größten Projekte gehört die Wonthaggi Desalination Plant mit einer Tagesproduktion von 440.000 Kubikmeter Wasser unweit von Melbourne. Ein Meilenstein wurde 2017 erreicht: Das erste Wasser aus der Wonthaggi-Entsalzungsanlage fließt nun in das Kardinäums-Reservoir, um die Wassersicherheit im südöstlichen Bundesstaat Victoria zu gewährleisten. Letztlich bietet das Projekt Vorteile, die weit über Melbourne und Victoria hinausragen.
Bei der Entsalzungsanlage Wonthaggi kommen Armaturen von Ebro zum Einsatz. Das Unternehmen lieferte 1830 manuell und automatische Absperrklappen, die von elastisch-sitzenden EPDM- und PTFE-Lugtyp-Absperrklappen bis zu doppelflanschigen Abklappen von DN 50 bis DN 2200 variieren. „Die Armaturen bestehen aus AISI 316-Edelstahl-Innenteilen und besitzen eine spezielle Beschichtung, um aggressiven Bedingungen zu widerstehen“, erläutert Ebro.
800 Millionen Menschen leiden
Die Ebro-Klappen dienen der Abschaltung und steuern das Medium von der Seewasser-Pumpstation bis zur Verteilung und Lagerung von Trinkwasser. Betätigt werden sie durch manuelle Schneckengetriebe sowie elektrische oder pneumatische Antriebe. Die pneumatischen Antriebe sind mit Tufram zum Korrosionsschutz beschichtet und zusätzlich mit einem Nothandrad ausgestattet.
Keine Meerwasserentsalzungsanlage ohne Automatisierung. Festo lieferte die Automatisierung für eine Anlage im indischen Chennai. Wobei deutlich wird, dass die Wasserknappheit nicht nur in Teilen der USA, in arabischen Ländern, Australien und teilweise in Spanien an Bedeutung gewinnt. Es geht um nichts weniger als ein Weltproblem, verschärft durch den Klimawandel. So schätzen die Vereinten Nationen, dass knapp 800 Millionen Menschen über keinen ausreichenden Zugang zu Trinkwasser verfügen. Was bedeutet: Über elf Prozent der Weltbevölkerung sind von der Frischwasserversorgung abgeschnitten.
Anlagenzahl vervielfacht sich
Und dabei ist eine riesige Wassermenge vorhanden. Allerdings besteht sie zu 97,5 Prozent aus Salzwasser. Der Rückgriff auf das Meer ist daher folgerichtig. Tendenz rapide steigend. Der Anteil der Weltbevölkerung, der von entsalztem Wasser abhängig ist, wird laut der Organisation „Global Water Intelligence“ vom einstelligen Prozentbereich auf 25 Prozent im Jahr 2025 wachsen.
Die Zahl der weltweit genutzten Meerwasserentsalzungsanlagen wird sich vervielfachen. Wobei eines der gängigen Verfahren die Umkehrosmose ist, bei der Meerwasser unter hohem Pumpendruck durch eine semipermeable Membran gepresst wird. Dabei werden Salze, Bakterien, Viren, Kalk und Gifte wie Schwermetalle zurückgehalten. Übrig bleibt Wasser mit Trinkqualität.
Traum ist Wirklichkeit geworden
Von der Entsalzung schwärmte schon der ehemalige US-Präsident John F. Kennedy 1961 bei der Eröffnung einer Entsalzungsanlage, als er von der Verwirklichung eines der ältesten Träume der Menschheit sprach: Trinkwasser aus dem Meer zu gewinnen. Bereits für das Ende der 1960er Jahre vermutete der amerikanische Präsident, dass das Trinkwasser durch Entsalzung günstig werden würde. Doch bekanntlich gab es zunächst wegen der damals bleibenden noch sehr hohen Kosten keinen traumhaften Aufstieg dieser Trinkwassergewinnung. Am Ende aber behielt Kennedy doch noch Recht. Heute ist die breite Nutzung der Meerwasserentsalzung Wirklichkeit geworden.